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Freitag, 30. Dezember 2011

Das Sterben geht weiter...

Städte und Gemeinden in Deutschland verweigern konsequent die Umsetzung geltenden Rechts

Deutschland führte von 2002 bis 2007 eine Medikamentenstudie durch, an deren Ausgang die erwiesene Eignung und Zulassung von Diamorphin als verschreibungsfähiges Betäubungsmittel stand. Eine darüber hinausgehende Legalisierung von Diamorphin war und ist bisher nicht geplant.
Am 28. Mai 2009 wurde die Aufnahme der diamorphingestützten Behandlung in die Regelversorgung vom Bundestag mit 349 Ja-Stimmen und 198 Nein-Stimmen beschlossen.[1]
Die als Modellprojekte bezeichneten Medikamentenstudien in sieben deutschen Städten, die bis zu diesem Zeitpunkt bestanden, wurden darauf hin in die Regelversorgung überführt. 2010 wurden Behandlung und Medikation vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) aus Kassenärzten und Krankenkassen in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen.[2] Trotzdem ist auch zwei Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes keine einzige neue Vergabestelle in Deutschland hinzu gekommen. Im Gegensatz zu vielen Wohlfahrts- und Berufsverbänden, die für eine flächendeckende Umsetzung des Gesetzes plädieren[3], wurde eine Umsetzung dieser neuen gesetzlichen Möglichkeit von den Kommunen bisher kaum bis gar nicht in Angriff genommen. Dies hat besonders auch damit zu tun, dass im G-BA die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) gegen Widerstand vor allem der Patientenvertreter einige Anforderungen an die Herointherapie - gegenüber denen zuvor im Modellprojekt - deutlich erhöht und damit verteuert haben. Besonders die neuen Vorgaben, dass die Vergabestellen - unabhängig von Vergabezeiten und Anzahl der Patienten - täglich mindestens zwölf Stunden besetzt sein und über mindestens drei ärztliche Vollzeitstellen verfügen müssen, stellen für viele Kommunen ein schwer überwindliches Hindernis dar.[4] Eine kostendeckende Realisierung des neuen Gesetzes ist daher fast nur möglich, wenn die Diamorphin-Vergabe integriert werden kann in bereits bestehende, größere substituierende Ambulanzen, Krankenhäuser, Gemeinschaftspraxen u.ä.[5] Im August 2011 sah sich die Bundesregierung zwar veranlasst zu betonen, sie "würde es begrüßen, wenn es für die Zielgruppe der diamorphingestützten Substitutionsbehandlung weitere Standorte in Deutschland gäbe", kündigte aber keine Überprüfung dieser administrativen Hindernisse an.[6]

Quellen:

  1. http://npl.ly.gov.tw/pdf/6887.pdf
  2. Bis dahin trugen die betroffenen Städte diese Kosten.http://www.rp-online.de/gesundheit/news/Diamorphin-wird-kuenftig-von-Krankenkassen-bezahlt_aid_833843.html
  3. Die Bundesärztekammer (BÄK), die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), die Arbeiterwohlfahrt, der Berufsverband Deutscher Psychiater, der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Caritas u.a. bezogen einstimmig positiv Stellung zur diamorphingestützten Behandlung. Siehe die Websites und Verlautbarungen der einzelnen Verbände zum Stichwort "Diamorphinvergabe". In Karlsruhe, wo die Weiterführung der Vergabe gefährdet war, wurde sie inzwischen sogar von der Arbeiterwohlfahrt übernommen. siehe: http://www.ka-news.de/region/karlsruhe/Hoffnung-fuer-Heroinsuechtige-AWO-darf-Diamorphin-einsetzen;art6066,541739
  4. http://www.harald-terpe.de/de/meine-themen/andere-themen/anzeige/detail/heroinbehandlung-ist-jetzt-kassenleistung.html
  5. In vielen, auch größeren deutschen Städten existieren aber noch keine Einrichtungen in geforderter Größe, da die bisherige Substituierung dort dezentral organisiert ist, und sich auf kleinere Arztpraxen und Ambulanzen verteilt.
  6. http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=47006
siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Originalstoffsubstitution

Leider dominiert - entgegen aller wissenschaftlichen und ökonomischen Studien und Beweise - immer noch - wie selbstverständlich - der Grundgedanke, Repression und Kontrolle zu perfektionieren. Leider ist - sogar in Wikipedia (obiger Artikel soll wegen thematischer Überschneidung gelöscht werden, zugunsten folgenden Artikels: http://de.wikipedia.org/wiki/Substitutionstherapie_Opioidabh%C3%A4ngiger#cite_note-Seivewright-1) - ein Rückschritt zu beobachten:
die Ergebnisse der wissenschaftlichen Medikamentenstudien und Modellprojekte sowie das Gesetz von 2009 zur diamorphingestützten Behandlung ("Heroinvergabe an Schwerstabhängige") werden entweder ignoriert oder sogar schrittweise zurück genommen. Immer öfter muss man inzwischen lesen, die Diamorphin-Vergabe sei angeblich "zeitlich zu begrenzen", und diene nun plötzlich nur noch einer Stabilisierung, um danach (wieder) auf die "alten" Substitute (Methadon etc.) umzusteigen. Weder die ausführlichen Ergebnisse der Modellprojekte noch das Gesetz erwähnen auch nur mit einem Wort eine zeitliche Begrenzung, das saugt man sich nun einfach und plötzlich aus den Fingern. Besonders deutlich wird das auch in Düsseldorf, wo sich die Eröffnung der Ambulanz, die im Sommer schon fest stand, von OB und Verwaltung richtig hinterhältig boykottiert wird. Dem OB von Düsseldorf fiel immer was neues ein, um die Eröffnung zu verzögern. Kaum gabs (auf Druck der Grünen) Fortschritte, z.B. in der Standortsuche (Erkrather Str. am Hbf), wurden der Gesundheitsamt-Chef weg-befördert (nach Neuss) oder der Projektleiter in der Verwaltung ausgewechselt. Und plötzlich heißt es wie gesagt auch in den Düsseldorfer Ambulanz-Statuten, es ginge um eine zeitlich begrenzte Vergabe, Ziel sei die spätere Fortführung der Substitution mit Metha oder Subotex.

Ums es kurz zu sagen: statt Fortschritten sind Rückschritte zu beobachten und weiter zu erwarten, bestenfalls Stillstand, also quasi ein Verharren in der Modellprojekt-Phase. Das ist extrem unwissenschaftlich, und in einem anderen Politikbereich würde man sich ein solches Vorgehen natürlich nie erlauben. Aber wenn es um Heroin-Vergabe geht, weiß man natürlich die öffentliche Meinung, geprägt von einer nun fast 100-jährigen Manipulation und Verteufelung, für diesen Rückschritt aus zu nutzen.

Objektiv und wissenschaftlich wäre eine Ausweitung und Weiterentwicklung: siehe z.B. die nach fast 10-jähriger Praxis in einigen der sieben deutschen Vergabestellen bewährte

Möglichkeit, das Diamorphin auch oral einzunehmen anstatt zu spritzen. Dies ist im Gesetz zwar noch nicht vorgesehen, hat sich praktisch aber als medizinisch machbar und offensichtlich erfolgreich erwiesen. Auch wäre es eine Alternative für kleine Kommunen, die eine Umsetzung der intravenösen Vergabe als zu teuer, zeit- und personalintensiv ablehnen. Die für einen Rechtsstaat selbstverständlichen Bemühungen, geltendes Recht umzusetzen - besonders wenn es um Gesundheit und Überleben hunderttausender Bürger geht - sind für die Diamorphin-Vergabe außer Kraft gesetzt.
Statt einer logischen Weiterentwicklung, wie eine schrittweise Ausdehnung auf die Ausgabe von Diamorphin-Tabletten und/oder Zigaretten (wie z.B. in Großbritannien), für die vielen User, die nicht oder nicht mehr injizieren, bemüht sich keine deutsche Kommune, das bestehende Gesetz von 2009 nun endlich umzusetzen.

Nicht nur in der Provinz, sondern sogar in sämtlichen Großstädten wird weder die Wissenschaft noch der demokratische, parlamentarisch legitimierte Wille des Volkes respektiert, sondern im ideologischen Vorurteils-Nebel verharrt. 

Dazu gehen wie eh und jeh weiter täglich Süchtige in den Knast, finden Razzien und BTM-Strafverfahren ohne Ende statt, gehen unzählige Menschen hier an ihrer Heroinsucht zu Grunde. Es ist skandalös. Und natürlich nicht zu vergessen eine aufwendige Substitutions-Industrie, die um ihre Pfründe fürchtet. Ein mieses Geflecht von Profiteuren, basierend auf einer zunehmend pseudo-wissenschaftlichen Basis, die sich gegenseitig ihre Unentbehrlichkeit bescheinigen. Angefangen bei den angeblichen "Fachärzten" für Drogen mit ihrem Substitutions-Monopol, die anderen Ärzten die Kompetenz und das Recht auf die Behandlung von Süchtigen absprechen, obwohl es eine, anderen medizinischen Bereichen adäquate "Drogen-Facharzt-"Ausbildung bekanntlich überhaupt nicht gibt. Eng verbunden mit einer Pippi-Überwachungs-Industrie aus Laboren, teurem Equipement, medizinischem und Lieferpersonal, dem PSB-Apparat, einem riesigen stationären (Teil-)Ent- und Vergiftungs-Komplex (ausschließlich in geschlossenen Psychiatrien!), und einem ambulanten und stationären Therapie-"Angebot", das sich de facto und de jure nahezu komplett in den Repressionsapparat von Justiz und Staatsanwaltschaft integriert hat.

Dies alles natürlich auf Kosten der Solidargemeinschaft, und perfektioniert mittels einer
durch Verteilung auf verschiedene Kostenträger in Jahrzehnten maßlos erweiterten doppel- und dreifach-Behandlung, die aber weder dem Interesse der Patienten, noch einer akzeptierenden Drogenhilfe oder dem Stand der Wissenschaft Priorität einräumt, sondern weiter der immer diffuseren, inzwischen jeder wissenschaftlichen Grundlage entzogenen Doktrin einer Opiat- und Originalstoff-Abstinenz nachhängt. Diese Fehlentwicklung wird täglich teurer, hat nachweislich kaum Heilungserfolge, setzt immer gefährlichere und zweifelhaftere Methoden und Medikamente ein und wird von der überwiegenden Mehrzahl der Patienten und sogar des überforderten Personals als repressiv, entwürdigend und kontraproduktiv abgelehnt. Fast die komplette, längst unbezahlbar gewordene "Drogenhilfe"-Praxis hat sich zunehmend zum Selbstzweck entwickelt, und entzieht sich ebenso konsequent dem wissenschaftlichen Fortschritt und Forschungsstand wie sogar dem politischen Willensbildungsprozess.

Zum Leid bis zum Tod der Patienten und zum Nachteil aller Beteiligten stehen wir einem absurden Hilfsapparat gegenüber, der immer größere Ressourcen beansprucht und dessen Bemühungen und Anstrengungen entgegen jeder Vernunft fast nur noch dem Selbsterhalt dienen.

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