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Dienstag, 10. Februar 2015

Taschenspielertricks ums Völkerrecht

Kreide zum Frühstück, Pässe im Ärmel

Auch wenn Poroschenko in München etwas Kreide gefrühstückt hatte, sich diplomatisch gab und seine sonstigen Ausbrüche über totalen Krieg, Aushungerung und Vernichtung der zwar “eigenen” doch offen verhassten Bevölkerung im Osten des Landes zügelte, ließ er keinen Zweifel, dass natürlich Russland der einzig Schuldige am Konflikt sei. Doch anstatt um wirkliche diplomatische Lösungen, dem Sterben der “eigenen” Bevölkerung ein Ende zu bereiten, bemühte er sich lieber eines durchsichtigen Taschenspielertricks mit einigen, vielleicht echten, russischen Pässen.
Dabei bestreitet keiner, dass russische Soldaten in der Ukraine kämpfen, so wie leider auch eine steigende Zahl Soldaten und Söldner anderer Staaten den Konflikt anheizen. Der Unterschied ist, dass es sich um Freiwillige und übrigens Landsleute der Separatisten handelt und (noch?) nicht um Verbände der russischen Armee. Wäre Putin wirklich der irre Agressor, als den ihn die West-Medien darstellen, und wollte die russische Armee wirklich massiv grenzverletzend eingreifen, dann stünde sie innerhalb weniger Tage in Kiew. Das ist kein militärisches Geheimnis. Tatsächlich kann man durchaus feststellen, dass Russland in dieser schwierigen Lage zwischen den Forderungen nach Hilfe der russischen Separatisten gegen die Anfeindungen ukrainischer Nationalisten sowie der einseitigen Parteinahme des Westens militärisch wie politisch bisher einen Deeskalationskurs verfolgt.

Die Unverletzlichkeit von Grenzen und staatlicher Souveränität…


Während das Sterben und Leiden weitergeht und zunimmt, lamentiert “Der Westen” (und seine Medien) seit Monaten monoton über die Verletzung von Grenzen, und bemühte plötzlich das Völkerrecht, das er selbst seit Jahren so schamlos verletzt und aushöhlt, dass man dessen Abschaffung schon für ausgemacht hielt (Jugoslawien, Irak, Libyen, Syrien etc.). Heerscharen willfähriger Juristen wurden bemüht, um ein zweifelhaftes Interventionsrecht aus “humanitären” Gründen zu konstruieren, in dessen Folge übrigens die Humanität immer als erstes auf der Strecke blieb. Auffällig dabei ist, dass dieses humanitäre Interventionsrecht selbstverständlich nicht für Russland gilt, und dass die Forderung nach der Unverletzlichkeit von Staatsgrenzen immer mit dem Zusatz “in Europa” erfolgt, so als wolle man schon vorsorglich verhindern, dass der Begriff Völkerrecht tatsächlich wörtlich genommen wird.

                                        …gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker


Unzweifelhafter Bestandteil des Völkerrechts ist dagegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker. In den verfassungswidrigen Putsch in Kiew und die Vertreibung des gewählten Präsidenten waren westliche Staaten sowohl personell wie finanziell massiv involviert, wie inzwischen bemerkenswert ehrlich von Seiten der USA eingeräumt wird. Es folgte ein schneller Zerfall der staatlichen Strukturen und eine massive Bedrohung der russischstämmigen Bevölkerung durch die neue Zentralregierung in Kiew. Diese ließ keinen Zweifel, dass “die Russen” zukünftig ukrainische Bürger zweiter Klasse sein sollten, und untermauerte diese Deklassierung mit diskriminierenden Maßnahmen bis hin zu Massakern an Zivilisten.
Angesichst der historischen wie der neueren Entwicklung in der Region muss man sich ernsthaft fragen, ob es überhaupt noch eindeutigere und überzeugendere Voraussetzungen für die Anwendung des Selbstbestimmungsrechts im Sinne des Völkerrechts geben kann. Ein Referendum in den betroffenen Gebieten scheint nicht nur wie aus dem Lehrbuch angesagt und rechtens, es würde auch den Krieg beenden und seine Ausweitung verhindern. Doch als der russische Aussenminister vor wenigen Tagen dieses Selbstbestimmungsrecht auf der Münchener Sicherheitskonferenz erwähnte, erntete er nur Gelächter bei vielen Teilnehmern. Sie demonstrierten damit unfreiwillig ehrlich, welchen Stellenwert das Völkerrecht in ihrem geostrategischen Machtpoker tatsächlich einnimmt: es dient allein als Instrument zur medialen Rechtfertigung ökonomischer und militärischer Aggression. Denn warum sonst weigern sich die demokratischen Staaten des Westens eigentlich so massiv, ein demokratisches Referendum überhaupt als friedliche Lösung des Konflikts in Erwägung zu ziehen? Weil man kein Prophet sein muss, um ein deutliches Ergebnis für Autonomie oder den Anschluss an Russland vorherzusagen?

Die Grundlagen des Völkerrechts sind, wie der Name schon sagt, die Völker,


doch das Leiden und Sterben der Zivilbevölkerung wie auch der Soldaten im Donbass interessiert die westliche Politik ebensowenig wie deren Menschen- und Selbstbestimmungsrechte. Denn sonst wäre ein Referendum längst als diplomatische Lösung auf der Agenda bzw. erfolgt. Stattdessen scheint hinter dem ganzen staatsmännischen Getue nur ein Streit- und Kriegsgrund gegen Russland provoziert und gefunden worden zu sein. Mit kompromissloser und inzwischen realitätsblinder Hartnäckigkeit wird drohend auf der Unverletzlichkeit staatlicher Grenzen und Souveränität bestanden, ohne dass auch nur ein Bruchteil dieses Engagements gezeigt wird, wenn es z.B. um Syrien, die Westsahara, den Sudan oder Palästina geht. Nach inzwischen zehntausenden Toten, Verletzten und Vertriebenen, der wachsenden Verwüstung und Verelendung in der Region, deren Bewohner sich nur noch nach Überleben und Waffenstillstand sehnen, ist dieses Pochen offensichtlich scheinheilig und kriegstreibend. Es bedarf wirklich keiner besonderen Beobachtungsgabe um zu erkennen, dass die einseitige westliche Parteinahme nicht aus völkerrechtlichem Idealismus erfolgte, sondern nur eine offene Aggression gegen Russland legitimieren soll, und damit die leichtfertige wenn nicht sogar gewollte Provokation einer Eskalation. Auch wenn einige europäische Politiker nun plötzlich mehr oder weniger vorsichtig zurück rudern, ist die einseitige Unterstützung Kiews und Verteufelung Russlands und der Separatisten auch durch die Sanktionen längst zum Selbstläufer geworden.

Sollen die Interessen ukrainischer Nationalisten das Schicksal Europas bestimmen?


Wer wirklich nach humanitären Lösungen sucht, der darf nach dem de facto Zusammenbruch der staatlichen Ordnung in der Ost-Ukraine eine Volksabstimmung in den betroffenen Gebieten nicht ausschließen. Doch Frieden und eine humanitäre Lösung des Konflikts haben in der westlichen Politik entgegen aller Sonntagsreden bisher leider keine Priorität. Der Konflikt war und ist gewollt und es bleibt nur noch zu hoffen, dass die Europäer – wenn schon nicht aus Einsicht oder Mitgefühl für die Bewohner der Ost-Ukraine – dann zur Abwendung einer kontinentalen Katastrophe doch noch die Kurve kriegen. Eine Beilegung des Konfliktes und Frieden in der Ost-Ukraine wäre unter strikter Einhaltung des Völkerrechts – wenn auch unter lautem Gebell ukrainischer Nationalisten – nur allzu leicht herstellbar. Bisher ist der Wille dazu leider nicht erkennbar.

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